Was kommt auf Versicherungsvermittler mit IDD zu?

Die Rechtsanwaltskanzlei Wirth (Berlin) hat die Regelungen aus dem IDD für Vermittler von Versicherungen zusammengestellt. IDD ist die Abkürzung für Insurance Distribution Directive. Zu Deutsch bedeutet dies  Versicherungsvertriebsrichtlinie. 

 

Die IDD tritt am 22.02.2016 in Kraft. Norman Wirth sehr folgende 13 Hauptfragen, mit denen sich Makler befassen sollten:

 

13 Hautfragen zur IDD und einige Anmerkungen von mir: 

 

1.            Was ist die IDD? 

 

IDD ist die Abkürzung für Insurance Distribution Directive, zu Deutsch:  Versicherungsvertriebsrichtlinie. Früher hieß sie noch IMD 2, zu Deutsch: Versicherungsvermittlerrichtlinie 2. Dazu ein kurzer Blick in die Historie: Mit der Versicherungsvermittlerrichtlinie 1 aus dem Jahr 2003 wurde der Grundstein für die erste umfassende Regulierung der Versicherungsvermittlung, insbesondere durch Einführung des Paragrafen 34 d Gewerbeordnung  in Deutschland anno 2007 gelegt. Inzwischen wurde in den Ländern der EU geschaut, wo sich die damalige Regulierung bewährt hat und wo es (vermeintlich) noch Handlungsbedarf gibt. Die großen Überschriften sind Verbraucherschutz und europäische Harmonisierung nationaler Vorschriften. Umfasst sein sollen nun nicht nur die Vermittler, sondern alle Vertriebsformen. 

 

2.            Was steht dort konkret für Versicherungsmakler drin?

 

Richtig konkret ist dort wenig zu finden. Die Richtlinie gibt vielmehr in weiten Teilen einen Rahmen vor, innerhalb dessen sich die einzelnen Mitgliedsländer bei der Umsetzung in nationales Recht bewegen können. Es wird explizit von einer angestrebten Mindestharmonisierung gesprochen. Das soll die einzelnen EU-Länder nicht daran hindert, strengere Regeln im jeweiligen Land aufzustellen.

 

Anmerkung PS: Die nationale Ausgestaltung eröffnet alle Möglichkeiten den Verbraucher- oder Kundenschutz restriktiver umzusetzen. je nach politischer Konstellation sind intensivere oder extensivere Regulatorien nicht auszuschließen.

 

3.            Kommt damit jetzt das Provisionsverbot?

 

Ein Provisionsverbot ist ausdrücklich nicht in der Verordnung, obwohl dieses Thema lange diskutiert wurde. Damit ist es den EU-Mitgliedsstaaten freigestellt, ein solches Verbot einzuführen – oder auch nicht. In Deutschland ist nach Bekenntnis der derzeitigen Regierungsparteien mit einem Provisionsverbot im Rahmen der Umsetzung in deutsches Recht nicht zu rechnen.

 

Anmerkung PS: Die starken Reaktionen des GDV-Präsidiums sowie Aktivitäten des BaFin zur Umsetzung des LVRG lassen aber auch andere Schlussfolgerungen zu. Gibt es einen Konsens in der Koalition, das die Brache das LVRG nicht wie gewollt umsetzt, sind auch andere Reaktionen auf das Thema möglich.

 

4.            Äußert sich die IDD zur Honorarberatung oder zu sogenannten Mischmodellen?

Ja! Der Vermittler soll vor Abschluss des Versicherungsvertrages dem Kunden mitteilen, wie er vergütet wird. Das können u.a. sein: eine Gebühr vom Kunden, eine in der Versicherungsprämie eingepreiste Provision vom Versicherer oder aber eine Kombination davon (Mischmodell). Kick Backs sind auf jeden Fall offenzulegen.

 

Anmerkung PS: Das ist für Vermittler positiv. Der Kundenwunsch wird gestärkt.

 

5.            Was ist mit Roboadvice bzw. Vertrieb ohne persönliche Beratung?

 

Die Richtlinie erlaubt grundsätzlich auch beratungsfreien Vertrieb. Anders als bisher in Deutschland, wo – mit Ausnahme im Einzelfall oder beim Direktvertrieb im Fernabsatz– eine Beratungspflicht besteht. Damit ist insbesondere das Tor für den internetbasierten, beratungsfreien Vertrieb offen. Es wird explizit unterschieden zwischen

•             Beratung mit einer persönlichen Empfehlung an den Kunden, warum ein bestimmtes Produkt den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden am besten entspricht und

•             Angebot und Abschluss eines Vertrages, der den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden entspricht, die sich aus den ermittelten Angaben des Kunden ergeben, wobei der Kunde anhand erteilter, objektiver Informationen eine wohlinformierte Entscheidung treffen kann (ohne Beratung!).

Was davon der deutsche Gesetzgeber übernimmt, bleibt abzuwarten.

 

Anmerkung PS: Das ist eine Regelung, die nicht allen Vermittlern gefallen dürfte aber eine Schlussfolgerung aus den geänderten Kundenverhalten in Folge der technisch- digitalen Revolution darstellt. 

 

 

6.            Ändert sich etwas bei der bereits obligatorischen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung?

 

Die Mindestversicherungssumme wird für jeden einzelnen Schadensfall auf 1.250.000 Euro erhöht. Die 1.850.000 Euro für die Gesamtschadensfälle pro Jahr bleiben analog dessen, was wir bisher in Deutschland so schon haben. Es bleibt weiter wie bisher bei einer Koppelung an den Europäischen Verbraucherpreisindex und eine evtl. regelmäßige Anpassung (alle 5 Jahre).

 

Anmerkung PS: Positiv, aber aus meiner persönlichen Sicht für den "Normalkunden" nicht notwendig. Eine Differenzierung diese Pflicht wäre sinnvoll.

 

7.            Gibt es wieder Ausnahmen für sogenannte Annexvermittler?

 

Ja. Diese sind sehr klar geregelt. 

Die Jahresprämie darf bei zeitanteiliger Berechnung 600 Euro nicht übersteigen. Ausnahme: bei Versicherung für eine Dienstleistung mit weniger als 3 Monaten Dauer max. 200 Euro.

Es darf nur eine Versicherung betreffen, 

•             die im Zusammenhang mit einer Reise oder aber 

•             dem Defekt, Verlust oder Beschädigung einer Ware oder

•             der Nichtinanspruchnahme einer Dienstleistung steht.

 

8.            Was sagt die Richtlinie zu Tippgebern? 

 

Nichts. Die IDD gilt explizit nicht für rein vorbereitende Tätigkeiten, etwa bestehend in der Weitergabe von Daten und Informationen über potentielle Versicherungsnehmer an Vermittler oder Versicherungsunternehmen.

 

9.            Kommt die Weiterbildungspflicht? 

 

Ja. Die Richtlinie legt eine Dauer von 15 Zeitstunden pro Jahr mindestens fest. Es bleibt den Mitgliedsstaaten unbenommen, hierüber hinaus zu gehen.

 

10.          Bisher waren es doch bei uns schon 200 Stunden in 5 Jahren?

 

Das war keine gesetzliche Pflicht. Es handelt es sich hierbei um eine freiwillige Angelegenheit der Initiative „gut beraten“, die dem Berufsbildungswerk der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., getragen von einem Teil der Versicherungs- und Vermittlerbranche, zugehört. Denkbar ist für die Zukunft, dass z.B. die IHKen als Aufsicht für die Weiterbildungspflicht installiert werden. Das macht u.a. Sinn, da dort bereits das Vermittlerregister besteht.

 

Anmerkung PS: Die Mehrzahl qualitätsorientierter Vermittler führt mehr als 15 Stunden Weiterbildung im Jahr durch. Eine differenzierte Anforderung je nach Ausbildungs- und Erfahrungslevel vermisse ich.

 

11.          Wird die Informationsflut für den Kunden weiter verschärft oder etwas zurück gefahren?

 

Hier ist leider mit einer weiteren Verschärfung zu rechnen. Es muss zu jedem Produkt ein zusätzliches Informationsblatt (Papier oder Datenträger) konzipiert und dem Kunden ausgehändigt werden. Vorgaben für die hierfür verantwortlichen Versicherungsunternehmen wird dazu noch die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA machen. 

 

Anmerkung PS: Hier irrt die Politik gewaltig. Nicht mehr Informationen sind zu fordern sondern mehr transparenz und eine Einschränkung der Versicherungsbedingungen. Klare Darstellung, was versichert ist und was nicht,  wäre nach meiner Erfahrung sinnvoll.

 

12.          Werden fondsgebundene Versicherungen weiterhin als Versicherungs- oder jetzt als Kapitalanlageprodukte behandelt?

 

Sie gelten weiter als Versicherungen, sogenannte Versicherungsanlageprodukte. Der Vermittlerstatus bleibt offiziell auch derjenige eines Versicherungsvermittlers, also ohne  die Notwendigkeit der Zulassung nach § 34 f Gewerbeordnung. Die IDD überträgt den Vermittlern jedoch nahezu dieselben Pflichten beim Kunden, wie es sie bereits schon ein Kapitalanlagevermittler hat. Dazu gehören u.a. die Einholung der Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden im Anlagebereich, die finanziellen Verhältnisse, die Möglichkeit auch Verluste tragen zu können, die Risikotoleranz und die Anlageziele - alles mit dem Ziel, nur geeignete Produkte zu empfehlen.

 

13.          Wann muss die Umsetzung in deutsches Recht vollzogen sein?

 

Ab 23.2.2018, also zwei Jahre ab Veröffentlichung der IDD im europäischen Gesetzblatt, muss spätestens die Umsetzung vollzogen sein.

 

Anmerkung PS: Das Jahr 2018 liegt dann in/nach der neuen Bundestagswahl. Man kann gespannt sein, wie dann die nationale Umsetzung des IDD erfolgen wird.

 

Die Rechtsanwaltskanzlei Wirth erreichen Sie über diesen Link.

 

Foto: Screenshot von www.wirth-rae.de

 

 

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